Diese Vorlesung soll dem Hörer die
grundlegenden Kenntnisse vermitteln, die für eine ernsthafte
Teilnahme an einem Ticker benötigt werden. Dabei wird einerseits auf
die verschiedenen Arten von Tickern eingegangen, andererseits sollen
dem Hörer grundlegende Tickerantentpen näher gebracht werden.
Aufbauend auf den hier vermittelten Inhalten wird in der
weiterführenden Vorlesung Ticker II die Entwicklung eines eigenen
Tickerstils behandelt.
Grundsätzlich bauen alle Ticker auf
dem selben Prinzip auf. Ein Ereignis von zeitlich beschränkter Dauer
(zb. ein Fußballspiel) soll möglichst unmittelbar den Lesern zur
Verfügung gestellt werden. Die Darstellung ähnelt dem eines Forums,
wird allerdings laufend aktualisiert und ermöglicht so eine schnelle
Übermittlung von Informationen. Gleichzeitig können die User sowohl
auf die von dem oder den tickernden RedakteurEn Informationen als
auch auf die Inhalte ihrer sogenannten Mit-"Tickeranten"
(oft wird auch der scherzhafte Begriff "Tickertanten"
verwendet).
Durch den so entstehenden Austausch
entwickelt sich im Idealfall eine lebhafte Diskussion. Ein besonderes
Merkmal der Ticker ist die Atmosphäre. Während normale Foren oft
vergleichsweise nüchtern sind, entwickelt sich in einem Ticker
mitunter eine Kaffeehaus- oder Gasthausatmosphäre, der Umgang ist
lockerer, es werden deutlich mehr Späße gemacht. Da Ticker keine
neue Institution mehr sind, sondern bereits eine
Entwicklungsgeschichte haben, verfügen sie über eine Vielzahl von
Running Gags und ein Stammpublikum.
Welche Arten von Tickern gibt es nun
aber?
Eine der wichtigsten Tickergattungen
ist sicherlich die der Fußballticker. Im laufe eines Fußballspiels,
also etwa zwei Stunden, können hier zwischen Tausend und drei- bis
viertausend Postings abgegeben werden. Durch Einweihungsrituale, die
typischerweise von den oben erwähnten Stammtickeranten durchgeführt
werden, kann sich aber die Postingzahl in einem Ticker mitunter
dramatisch erhöhen. Diese Einweihungsrituale sind im Normalfall
Nonsens-Postings, heftige Kämpfe um das "unterste" Posting
im Ticker oder ähnliches.
Während eines Tickers dominieren dann
aber Postings zum Thema ("On Topic Postings"),
gelegentliche Blödeleien und gegenseitige Provokationen, die
zwischen den Anhängern der beiden Mannschaften (in Sonderfällen,
wenn zwei Spiele parallel getickert werden, auch vier). Sollten zur
gleichen Zeit andere Spiele, die für die Tickeranten von Interesse
sind, gespielt aber nicht getickert werden, so posten einerseits die
Redakteure die Tore dieser Spiele, andererseits gibt es dann im
Normalfall Tickeranten, die nicht das getickerte Spiel sehen, sondern
eines dieser Anderen, oder auch mehrere Spiele gleichzeitig
verfolgen.
Eine große Rolle spielen auch die
Gerichtsticker. Der Aufstieg dieser Ticker begann während dem
Tierschutzprozess, mitverantwortlich dafür ist wohl Fr. Maria
Sterkl, die durch ihren Stil und ihr Schreibtempo diese Ticker
entscheidend geprägt hat.
Durch zahlreiche andere Prozesse haben
die Prozessticker mittlerweile ihr eigenes Stammpersonal an
Tickeranten, die Rituale sind ähnlich denen eines Fußballtickers,
allerdings zeichnen sich die Prozessticker durch verstärkte Angriffe
auf Richter, Anwälte, Angeklagte oder Staatsanwälte (je nach
Prozess und aktueller Situation) aus, während die Tickeranten
untereinander weit seltener in Streit geraten.
Wahlticker sind zwar seltener, durch
ihre Dauer und das emotionale Thema werden sie aber oft besonders
erbittert geführt, die Gräben zwischen den antretenden Parteien
spiegeln sich im allgemeinen im Ticker wieder.
Zu Nationalratswahlen werden außerdem
noch die Wahlkonfrontationen getickert. Da hier einander nur jeweils
bestimmte Parteien gegenüberstehen, sind die Anhänger aller anderen
Parteien frei, um Angriffe sowohl auf die diskutierenden Kandidaten
als auch deren Anhänger unter den Postern zu Posten.
Ein besonderes Tickerevent ist der
Opernballticker. Dieser ist zu 99% Ernstbefreit und nimmt daher eine
Sonderstellung unter den Tickern ein.
Weiters gibt es noch zu speziellen
Anlässen Ticker, wie zb. Weltmeisterschaften, Olympischen Spielen
oder aber auch politischen Ereignissen. Diese orientieren sich dann
an dem jeweils ähnlichsten Haupttypus, für Sportticker ist das zb.
der Fußballicker.
Nach dieser kurzen Einführung in die
einzelnen Tickerarten kommen wir nun zu den Tickeranten. Dabei ist zu
beachten, dass jeder Tickerant je nach Tickerart und persönlichem
Interesse zwischen den verschiedenen Tickerantentypen wechseln wird.
Die Tickerantentypen beziehen sich
jeweils auf einen Tickertyp.
In Fußballtickern, um die Reihenfolge
wie oben zu gestalten, gibt es dabei diese Typen der Tickeranten:
Big-Brother-Tickeranten, die den Ticker überwachen und an jeder für
sie interressanten Stelle Postings absetzen.
Dabei spielt das Spiel nur eine
Untergeordnete Rolle. Der Big-Brother-Tickerant hat dabei den Ticker
als Herz seines Aufbaus, der eingerahmt wird von seiner
Posting-Übersicht, einem Fenster in dem die Postings der von ihm
Gefollowten überwacht werden können und einem Fenster in dem eine
Suchmaschine geöffnet ist. Sofern der Fernseher nicht vom PC aus im
Blickfeld ist, ist außerdem noch ein Stream in einem weiteren
Fenster geöffnet. (Fenster können heirbei uach nur Tabs im Browser
sein, zwischen denen nach Bedarf gewechselt wird)
Dieser Typ hat im allgemeinen einen
goßen Monitor, um diese Vielzahl an Fenstern möglichst gleichzeitig
überblicken zu können.
Eng verwandt mit dem
Big-Brother-Tickerant ist der Spaßtickerant. Die geöffneten Fenster
sind gleich, werden allerdings noch ergänzt durch eine GIF-Seite,
gegebenenfalls Wikipedia und eine Seite mit "Unnützem Wissen"
um die Mittickeranten unterhalten zu können.
Das Gegenteil des Spaßtickeranten ist
der On-Topic Tickerant. Er hat ein großes Interesse am gezeigten
Spiel, der Fernseher nimmt hier die zentrale Position ein und der
Ticker wird nur über einen Laptop oder ein Tablet verfolgt, die
Anzahl der geöffneten Fenster neben dem Ticker ist gering und
umfasst mitunter nicht mehr als eine Echtzeittabelle, um die
Situation für die eignene Mannschaft beobachten zu können.
Als Sonderform des Spaß- oder auch
Big-Brother-Tickeranten ist auch noch der Uninteressierte Tickerant
zu erwähnen. Dieser Typus interessiert sich nicht für das gezeigte,
sondern ist ausschließlich am Ticker interessiert. Sollten im Ticker
aber zu wenige Spaßtickeranten aktiv sein, so wird der
Uninteressierte Tickerant den Ticker bald verlassen, da er ja am
Thema eingetlich nicht interessiert ist.
Bei Prozesstickern ist die ausgangslage
anders. Es gibt keinen Stream, die einzigen Informationsquellen sind
der Tickeru nd Vorwissen der einzelnen Tickeranten auch Fernseher
wird keiner benötigt.
Daher, und aufgrund der oft
(Arbeits-)Tagfüllenden Länge, eignen sich Prozessticker
hervorragend als Zeitvertreib fürs Büro. Bei diesen
Schreibtischtickeranten darf derr Ticker im Normalfall nicht zu
auffällig sein, da sonst negative Konsequenzen drohen.
Ein Schreibtischtickerant wird daher
nur wenige Tabs verwenden, er ist in diesem Sinne ein
"Tickerant-Light", die für den Fußballticker
vorgestellten Typen gelten weiter, aber alle nicht unbedingt
notwendigen oder auffälligen Fenster oder Tabs werden ausgespart
oder nur temporär geöffnet.
In jedem Fall aber ist die
Beschäftigung mit einem Prozessticker eher zyklisch angelegt, Phasen
hoher Aufmerksamkeit (und meist hoher Postingfrequenz) wechseln sich
mit ruhigeren Phasen ab. Da dies für jeden Tickeranten individuell
verschieden ist, erstreckt sich übber den gesamten Ticker ein
Mindestmaß an Aktivität, die beteiligten Tickeranten wechseln sich
aber ab.
Anmerkung: Die Unterteilung der Ticker
erfolgt hier nach dem behandelten Thema, es ist aber auch eine
Unterteilung nach der Dauer, in fokusierte und diffuse Ticker
möglich, wobei erstere kürzere Ticker sind, also zb. Fußballticker
oder solche zu Wahlkonfrontationen, während die längeren
Prozessticker und Wahlticker zu den diffusen Tickern zählen.
Die Bezeichnungen "fokusiert"
und "diffus" beziehen sich dabei auf das zu beobachtende
Postingverhalten. Bei einem fokusierten Ticker posten nahezu alle
Tickeranten über die gesamte Dauer, während bei den diffusen
Tickern das oben erwähnte zyklische Verhalten vorherrscht.
Für Wahlticker gelten andere Regeln
als für die anderen Ticker. Sie sind in gewisser Weise die
Königsklasse der Ticker (wobei dieser Titel drchaus auch dem
Fußballticker zugesprochen werden kann).
Die emotionale Beteiligung ist hoch, es
gibt viele weitere Informationsquellen und die Dauer ist im
allgemeinen Tagfüllend. Da Wahlen nicht während der Arbeitswoche
stattfinden, können sich beteiligte Tickeranten stärker auf den
Ticker konzentrieren, die Typen sind dabei ähnlich denen im
Fußballticker, allerdings herrscht im allgemeinen eine
Erwartungshaltung vor und alle Typen sind in größerem Maße am
Thema interessiert, der Typus des Uninteressierten Tickeranten ist
hier quasi inexistent.
Für Wahlkonfrontationsticker gelten
die selben Regeln wie für Fußballticker.
Der Opernballticker hat eine sehr
besondere Zusammensetzung der Tickeranten. Uninteressierte
Tickeranten und On-Topic Tickeranten sind sehr selten, der On-Topic
Anteil der Postings und sogar der Redaktions-Meldungen ist gering,
dafür herrschen hier die Spaßtickeranten vor, dieser Ticker ist ihr
Reich.